Dr. Oskar Moses wurde 1873 im niederschlesischen Glogau geboren und richtete 1903 eine Arztpraxis in der heutigen Magdeburger Allee ein. Hier im Erfurter Norden, inmitten der neu entstandenen Arbeiterviertel, entwickelte er als Armenarzt eine segensreiche Tätigkeit zugunsten der Schwächsten in unserer Stadt. Zusätzlich war er entscheidend am Aufbau der Erfurter Kolonne des Arbeiter-Samariter-Bundes beteiligt. Von 1912 bis 1933 wirkte er für die Organisation als Verbandsarzt und koordinierte ehrenamtlich die Ausbildung Tausender Erfurter in der Ersten Hilfe. Woche für Woche begleitete er die Kurse mit seinem wertvollen ärztlichen Rat – und das auch schon vor dem Ersten Weltkrieg, als die Mehrzahl der Ärzteschaft der Selbsthilfe von Laien im Notfall noch ablehnend gegenüberstand.
In der Zeit der Weimarer Republik war Dr. Moses am Aufbau von zwei Unfallwachen des ASB in der Johannesstraße und auf dem Sportgelände Johannesfeld beteiligt, wodurch der Grundstein für eine bessere Notfallversorgung für die Erfurter Bevölkerung gelegt wurde.
All diese Verdienste bewahrten Dr. Oskar Moses jedoch nicht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Gleich 1933 zerschlugen sie den ASB und vernichteten damit die Ergebnisse jahrzehntelanger Arbeit. Schrittweise verboten die neuen Machthaber den jüdischen Mitbürgern jedwede ärztliche Tätigkeit. Dr. Moses musste seine Praxis aufgeben und sich ins Privatleben zurückziehen. Aber auch hier war er vor der Unmenschlichkeit nicht sicher. So wurde er im Jahr 1937 in einem aufsehenerregenden Prozess angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Sein „Vergehen“ bestand lediglich darin, dass in seinem Zweifamilienhaus eine Mieterin mit einer jüngeren Tochter lebte. Die Behörden sahen eine „Gefährdung“ der jungen Frau durch den 64jährigen, pflegebedürftigen Dr. Moses und einen Verstoß gegen das „Blutschutzgesetz“. In der Folge leitete auch die Ärztekammer ein Verfahren ein wegen „unstandesgemäßen Verhaltens“. Dieses verlief jedoch im Sande, weil 1938 sowieso allen jüdischen Ärzten die Approbation entzogen wurde. Nur wenige Wochen nach diesem Unrechtsgesetz starb Dr. Oskar Moses am 3. November 1938 in Leipzig.
„An sein segensreiches Wirken für unsere Stadt wird heute leider nirgendwo mehr erinnert“, erklärt Marion Walsmann. Erst im Zuge der Beschäftigung mit der Geschichte des ASB in Erfurt stieß man auf die Verdienste des Mediziners. Über mehrere Monate hinweg wurde überlegt, auf welche Weise eine Würdigung möglich ist. Schließlich wurde die Idee geboren, jene Ersatzpflanzung zu nutzen, die durch die umfangreichen Bauarbeiten des ASB im Dichterviertel notwendig geworden waren. Nun entsteht in der Nähe des Luthersteins ein 500 Quadratmeter großer Hain aus einheimischen Laubgehölzen, der Dr. Oskar Moses gewidmet ist. Ein Gedenkstein soll auch künftige Generationen auf seine Verdienste hinweisen. „Dieser Hain symbolisiert nicht nur Vergangenheit, sondern auch Leben und damit Zukunft“, anerkannte die Landesvorsitzende des ASB Thüringen und Vorsitzende des Erfurter Stadtrates, Birgit Pelke, in ihrem Grußwort bei der Pflanzung des ersten Baumes.