Begleitet wurde sie vom Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Prof. Reinhard Schramm, und Michael Rutz vom CDU-Ortsverein Erfurter Seen. Anlass für den Besuch war die bundesweite Aktionswoche der CDU unter dem Motto „Von Schabbat zu Schabbat“, mit der ein Zeichen gegen Antisemitismus gesetzt werden sollte.
Der Gedenkstein wurde im Jahr 2014 vom ASB gestiftet. Im Rahmen des 100. Jahrestages seiner Gründung hatte der Erfurter Verband seine Geschichte erforschen lassen und war dabei auf den Arzt Dr. Oskar Moses gestoßen. Er wurde 1873 im niederschlesischen Glogau geboren und richtete 1903 eine Arztpraxis in der heutigen Magdeburger Allee ein. Hier im Erfurter Norden, inmitten der neu entstandenen Arbeiterviertel, entwickelte er als Armenarzt eine segensreiche Tätigkeit zugunsten der Schwächsten in unserer Stadt. Zusätzlich war er entscheidend am Aufbau der Erfurter Kolonne des Arbeiter-Samariter-Bundes beteiligt. Von 1912 bis 1933 wirkte er für die Organisation als Verbandsarzt und koordinierte ehrenamtlich die Ausbildung Tausender Erfurter in der Ersten Hilfe. Woche für Woche begleitete er die Kurse mit seinem wertvollen ärztlichen Rat – und das auch schon vor dem Ersten Weltkrieg, als die Mehrzahl der Ärzteschaft der Selbsthilfe von Laien im Notfall noch ablehnend gegenüberstand. In der Zeit der Weimarer Republik war Dr. Moses am Aufbau von zwei Unfallwachen des ASB in der Johannesstraße und auf dem Sportgelände Johannesfeld beteiligt, wodurch der Grundstein für eine bessere Notfallversorgung für die Erfurter Bevölkerung gelegt wurde.
All diese Verdienste bewahrten Dr. Oskar Moses jedoch nicht vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten. Gleich 1933 zerschlugen sie den ASB und vernichteten damit die Ergebnisse jahrzehntelanger Arbeit. Schrittweise verboten die neuen Machthaber den jüdischen Mitbürgern jedwede ärztliche Tätigkeit. Dr. Moses musste seine Praxis aufgeben und sich ins Privatleben zurückziehen. Aber auch hier war er vor der Unmenschlichkeit nicht sicher. So wurde er im Jahr 1937 in einem aufsehenerregenden Prozess angeklagt und zu einer Geldstrafe verurteilt. Sein „Vergehen“ bestand lediglich darin, dass in seinem Zweifamilienhaus eine Mieterin mit einer jüngeren Tochter lebte. Die Behörden sahen eine „Gefährdung“ der jungen Frau durch den 64jährigen, pflegebedürftigen Dr. Moses und einen Verstoß gegen das „Blutschutzgesetz“. In der Folge leitete auch die Ärztekammer ein Verfahren ein wegen „unstandesgemäßen Verhaltens“. Dieses verlief jedoch im Sande, weil 1938 sowieso allen jüdischen Ärzten die Approbation entzogen wurde. Nur wenige Wochen nach diesem Unrechtsgesetz starb Dr. Oskar Moses am 3. November 1938 in Leipzig.
„Wir erinnern uns an Dr. Oskar Moses, weil er sich bleibende Verdienste um das Gesundheitswesen unserer Stadt erworben hat“, betonte Marion Walsmann. Sie hofft, dass der Gedenkstein künftig noch stärker wahrgenommen wird, wenn der Wander- und Radweg in der Nähe des Luthersteins endlich realisiert wird. Sie werde an diesem Thema dranbleiben und versprach zugleich, dass der ASB am Gedenkstein eine Bank aufstellen lassen werde. Prof. Reinhard Schramm dankte dem ASB für die Initiative und unterstrich, dass Dr. Oskar Moses eines von vielen Beispielen dafür sei, dass jüdische Bürger überdurchschnittliche Leistungen für unser Land erbracht haben